meteorology

Schnee und Eis soweit das Auge reicht

Hier noch ein kleiner Bericht, den ich ursprünglich für die Vereinszeitung des MV Hof geschrieben habe (Palaverkist, Ausgabe 172, April 2021).

Tromsø, 27. Januar 2020. Das Thermometer zeigt -12°C und endlich geht es los. Zusammen mit rund 100 deutschen und internationalen Kollegen gehe ich abends an Bord des russischen Eisbrechers Kapitan Dranitsyn (12.900 BRZ, Länge 129m, Leistung 16.2MW). Das Ziel ist die Versorgung des Forschungseisbrechers Polarstern (12.600 BRZ, Länge 117m, Leistung 14.1MW), der für die MOSAiC Expedition an einer Eisscholle verankert durch die zentrale Arktis treibt. Dort werden wir unsere Kollegen ablösen und unsererseits 2 Monate die Messungen aufrechterhalten – so zumindest der Plan. Doch zunächst geht es über die winterlich-stürmische Barentssee nach Norden, an Franz-Josef-Land vorbei ins (nichtmehr so) ewige Eis. Die kommenden Monate wird uns eine unvergleichliche Landschaft nur aus Eisschollen, Schnee, Presseisrücken und vereinzelten Rinnen offenen Wassers begleiten. Noch ist davon allerdings nicht viel zu erkennen, es ist Polarnacht und die Scheinwerfer der Dranitsyn reichen nur wenige 100m über den Bug hinaus. Die Temperatur fällt unter -20°C. Zu dieser Jahreszeit ist das einjährige Meereis etwa 1.5m dick, dort wo es von Wind und Strömungen zusammengepresst wird ein Mehrfaches. In aufbrechenden Rinnen bildet sich in wenigen Stunden eine dünne Eisschicht. Trotz der Erfahrung der russischen Crew geht es nur langsam voran, wenn sich die Schollen zusammenschieben lässt sich häufig nur durch mehrmaliges Rammen ein Weg bahnen. Trotz der herausfordernden Eisbedingungen erreichen wir am 28 Februar die Polarstern auf 88.46°N. Nie zuvor erreichte ein Schiff in Fahrt eine nördlichere Position (den Rekord für treibende Schiffe stellte die Polarstern 4 Tage zuvor bei 88.60°N auf). Innerhalb weniger Tage werden Proviant und Versorgungsgüter übergeben, unsere Kollegen machen uns mit Details vertraut und machen sich mit der Dranitsyn auf den Heimweg. Die Temperatur fällt auf -42°C, die kältesten Tage der gesamten Expedition.

Doch wozu der ganze Aufwand? Was soll bei MOSAiC erforscht werden? Die Arktis erwärmt sich stärker und schneller als der Rest der Erde. Verändert sich die Arktis, betrifft das auch unsere mittleren Breiten. Schwächt sich zum Beispiel der Polarwirbel ab, wie zum Beispiel letzten Januar, häufen sich Extremwetterlagen in den mittleren Breiten. Besonders deutlich ist diese Erwärmung im Winter. Bis heute wissen wir aber nicht genau wie Ozean, Meereis und Atmosphäre dann miteinander wechselwirken – es fehlen schlicht genaue Messungen. Keine Überraschung in einer Gegend, die im Winter quasi unerreichbar ist. In Anlehnung an Fridtjof Nansens Fram Expedition 1893-1896 driftet nun die Polarstern innerhalb eines Jahres mit der Transpolarströmung von Ostsibirien am Pol vorbei Richtung Grönland. Von Bord aus erfasst neueste Messtechnik Energie- und Stofftransport von der Stratosphäre bis zum Ozeanboden. Messstationen auf der Scholle erlauben einen detaillierten Blick. Ein Beispiel: Wie schnell wächst das Eis an seiner Unterseite? Wie gut isoliert die Schneedecke auf dem Eis (und verhindert damit starkes Eiswachstum)? Verteilt sich gefallener Schnee gleichmäßig?

Ich betreue das Lidar des Leibniz Instituts für Troposphärenforschung. Ähnlich zu einem Radar wird ein Lichtpuls in die Atmosphäre geschickt und das zurückgestreute Signal empfangen. Aus diesen Messungen lassen sich die Höhe und Eigenschaften von Wolken und Aerosolpartikeln ableiten. Über den ganzen Winter konnten wir erstmalig beobachten wie Waldbrandrauch aus Sibirien in großer Höhe bis zum Nordpol transportiert wurde. Zusätzlich unterstütze ich Kollegen bei ihren Aufgaben auf der Scholle: Manuelle Eisdickenmessungen vornehmen, Messgeräte freischaufeln, Stromkabel vor Rinnen und Presseisrücken in Sicherheit bringen, Ausschau nach Eisbären halten, …

Am 11. März steigt die Sonne zum erstem Mal wieder über den Horizont. Wir treiben schnell nach Süden und im Eis um uns herum ist viel Bewegung. In kurzen Abständen bilden sich Rinnen und Presseisrücken, ständig müssen die Messstationen auf dem Eis angepasst werden. Aber auch an Land herrscht Aufruhr. Norwegen schließt wegen der Covid-19 Pandemie seine Grenzen. Damit ist der ursprüngliche Plan, dass unsere Ablösung im April per Flugzeug eintrifft hinfällig. Auch eine Ablösung per Schiff ist vorläufig nicht möglich, Eisausdehnung und –dicke haben ihr jährliches Maximum. Also abwarten, weiter Daten sammeln und nach Süden treiben. Zu Ostern wir es als Highlight gegrillt, inzwischen ist es 24h lang hell. Mitte April konkretisiert sich eine Lösung für unsere Ablösung. In aufwändigen Planungen konnten die Logistikfachleute des Alfred-Wegener-Instituts zwei andere Forschungsschiffe, Sonne (8500 BRZ, 116m, 6.5MW) und Maria S. Merian (5500 BRZ, 94m, 3.8MW), für die nächste Versorgung verpflichten. Einen Nachteil hat diese Option: Beide Schiffe sind keine Eisbrecher, die Polarstern wird die Scholle verlassen müssen. Um die wissenschaftlichen Geräte auf dem Eis nicht zu gefährden, ist noch einmal voller Einsatz gefragt. In kurzer Zeit wird das gesamte Camp abgebaut und verladen, nur einige autonome Sensoren bleiben zurück. Mitte Mai macht sich die Polarstern auf den Weg nach Spitzbergen, wo die Versorgung und Übergabe stattfinden wird. Auch unser Rückweg gestaltet sich zäher als erwartet, wieder ist das Eis stark komprimiert und unser Vorankommen entsprechend langsam. Anfang Juni erreichen wir den Adventfjord, wo Sonne und Maria S. Merian schon auf uns warten. Auf Reede wird verproviantiert, gebunkert und an unsere Kollegen übergeben. Danach macht sich die Polarstern für weitere 4 Monate auf den Weg ins Eis. Für uns geht es nach Bremerhaven, wo wir nach 140 Tagen erstmals wieder festen Boden betreten.

 

Blue Planet

How much of the Earth’s surface is covered by water? – 2/3 elementary school knowledge. But how to confirm? And what fraction of the southern hemisphere mid-latitudes is covered by ocean?

We need some data first. For a quick shot, the MODIS land cover type classification should be sufficient. MCD12C1 provides global coverage at 0.05° in the HDF4 format. It is a resampled and  stitched together version of the 500m MCD12Q1 version. The user guide provides a nice overview.

Now we need to do some calculations. The python jupyter notebook is on github. The recipe is rather simple: Load the HDF4 dataset, select the IGBP[1] classification, quick plot for visualization, get the projection and the pixel sizes right and finally do some conditional sums.

The projections and the pixel sizes are a crucial point. The dataset is in the MODIS climate modeling grid, which is a geographic lat-lon projection. The pixel area gets smaller towards the poles, which we have to keep in mind, when calculating the size of the per pixel.

Looking at the final numbers, the fraction of water is 71.6%, which is sufficiently close to available estimates. Some discrepancy is expected, as we do not include ice shelfs, sea ice, tides, etc and the underlying resolution is ‘only’ 5km. Barren surfaces cover around 4.0% of the Earth (13.9% of the land) and ice sheets, including permanent snow cover 2.9% (10.2% of the land).

When splitting up the hemispheres, in the Northern Hemisphere water covers 61.4%, barren 7.5% and ice less than 1%. Of all the land, barren surfaces cover 19.4%. In the Southern Hemisphere, water makes up 81.8% of the surfaces, with barren less than 0.5% and ice 4.8%.

Finally the mid-latitudes. As a rather crude definition, the latitudes between 30° and 70° are used. In the northern mid-latitudes water covers 48.0% (5.7% barren and 0.7% ice). Barren surfaces make up 11.0% of the land. The southern mid-latitudes are overwhelmingly covered with water (93.9%, barren <0.2%, ice 1.4%).

[1] International Geosphere-Biosphere Programme: http://www.igbp.net/

Wind in der Ostsee

Als Erweiterung zum Blogpost vom letzten Herbst, hier die Monatskarten mit der Windstatistik für die erste Jahreshälfte. Neu sind die Zusatzinformationen zu Flaute, Temperatur und Starkwindböen. Außerdem habe ich noch einige Gebiete angepasst/ergänzt. Außerdem basiert die Statistik jetzt auf der 0.125° (etwa 7.5nm bzw. 14km) Reanalyse.

Achtung: Die hier gezeigten Werte basieren auf eine langjährigen Statistik. Das schließt nicht aus, dass Starkwind und Sturm jederzeit auftreten können. Es liegt in der Verantwortung jedes Wassersportlers aktuelle Wetterinformationen einzuholen und die Aktivität entsprechend zu gestalten.

Download der hochaufgelösten Version: wind_statistics_baltic_sea.pdf

Februar

März

April

Mai

Juni

Windstatistik Ostsee im November

[English summary: ERA Interim reanalysis data is used to assemble Pilot Chart like Wind statistics for the western Baltic sea in November.]

Update: Wind in der Ostsee

Anfang November geht es zum letzten Segeltörn dieser Saison: 5 Tage Ostsee ab Flensburg. Um vorab die zu erwartenden Wetterverhältnisse abschätzen zu können bieten sich Monatskarten [1] und die entsprechenden nautischen Veröffentlichungen [BSH, Naturverhältnisse Ostsee 2008] an.

Beide basieren normalerweise auf langjährigen Stations- bzw. Schiffsbeobachtungen mit entsprechenden Nachteilen, wie schlechter Abdeckung abseits von Schifffahrtsrouten, begrenzte Auflösung. Zudem umfassen Unterlagen für die Sportschifffahrt häufig nur die Sommermonate [2]. So eröffnet sich die Frage, ob entsprechende Daten aus numerischen Wettermodellen einen Teil dieser Lücke schließen können.

Daten: ERA Reanalyse

Um für ein Wettervorhersagemodell verwendet werden zu können, muss von Stationsmessungen auf den aktuellen Zustand der Atmosphäre als Ganzs (in Fläche und Höhe) geschlossen werden. Vereinfacht gesagt: Die “Lücken” zwischen einzelnen Messungen müssen geschlossen werden. Dieser komplizierte Prozess nennt sich Datenassimilation. Diese Anfangszustände der Atmosphäre werden in sogenannten Reanalysen gesammelt, um einen einheitlichen Datensatz des “tatsächlichen” Zustands zu erhalten. Diese Reanlysen werden dann unter anderem verwendet, um Modellvorhersagen zu evaluieren. Einen Überblick über die Qualität solcher Reanalysen liefert [3]. Im folgenden wird die ERA-Interim Reanalyse [4] des ECMWF (Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage) verwendet. Sie umfasst die Daten seit 1979 und wird laufend aktualisiert. Die Auflösung beträgt 3h und 0.5°. Der Datensatz ist frei verfügbar und kann (nach Anmeldung) hier herunter geladen werden [5].

Datenauswertung

Zuerst ist das langjährige Mittel des Windes von Interesse, um die zu erwartenden Bedingungen grundsätzlich einschätzen zu können. Aus dem etwa 6 GB großen Datensatz wird zunächst der November jeden Jahres für ein bestimmtes Seegebiet ausgewählt. Die gesamte Auswertung beruht auf Python mit entsprechenden Bibliotheken (xarray, cartopy, numpy, matplotlib). Bei Gelegenheit stelle ich das aufgeräumte Skript online…

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Zunächst wird nur die süd-westliche Ostsee im rot markierten Bereich berücksichtigt.

Nun wird einfach die relative Häufigkeit der einzelnen Windgeschwindigkeiten bzw. -richtungen berechnet. Im November ist die vorherrschende Süd bis West bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von 13.5 kn und Böen von 20 kn. Die mittlere Lufttemperatur im November liegt bei 6.3°C.

wind_summary
Relative Häufigkeit der 3h Maximalböen, der mittleren Windgeschwindigkeit und der Windrichtung.

Im Vergleich mit der Veröffentlichung “Naturverhältnisse in der Ostsee” (BSH, überholte Auflage 1996) sind Windstärken 6-7 Bft (22-34 kn) in dieser Auswertung etwas häufiger, aber der Unterschied ist nicht statistisch signifikant.

In einem Windstern werden die Häufigkeit der Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Windrichtung dargestellt. Dies ist vor allem in Monatskarten üblich. Hier wird deutlich, dass der Wind am häufigsten aus  S bis W mit 4-5 Bft kommt. Windstärken über 8 Bft kommen vornehmlich aus westlichen Richtugen.

Ausblick

Mit dem gezeigten Ansatz ist es nun ein Leichtes diese Statistik für andere Seegebiete/Monate zusammen zu stellen. In Kürze mehr…

Aber alle Statistik ist geduldig und welche Wetterverhältnisse sich Anfang November 2016 einstellen wird sich zeigen.

Update

Hier noch die Statistik für die angrenzenden Seegebiete. Wie zu erwarten sind die Unterschiede nicht extrem, liegen aber trotzdem im Bereich von 3-5%.

western_baltic_november